Am Wochenende gaben sich in einer Industriehalle in Rorschach Vertreterinnen und Vertreter der St.Galler Jazzszene die Klinke in die Hand. Acht Konzerte waren zu hören – allerdings nicht vor Publikum, sondern nur vor Kameras. Ab 22. August wird die Reihe «Jazzfenster St.Gallen» auf TVO ausgestrahlt.

Roger Berhalter, Tagblatt

«Bewegen dürft ihr euch, aber bitte nicht vor der Kamera. Und bitte schaltet euer Handy ab!» Stage Manager Rubel Vetsch gibt an diesem Sonntagabend letzte Anweisungen, dann geht es los. Sängerin Joana Elena und ihre vier Mitmusiker verwandeln die Industriehalle in Rorschach innert weniger Sekunden in einen Salsaclub. Beleuchtet von zahlreichen Scheinwerfern und gefilmt von mehreren Kameras.

Es ist das letzte von acht Konzerten des Projekts «Jazzfenster St.Gallen». Den ganzen Samstag und Sonntag geben sich an der Industriestrasse in Rorschach Vertreter der St.Galler Jazzszene die Klinke in die Hand. Acht Bands treten im Stundentakt auf und geben Fernsehinterviews.

Der St.Galler Verein Gambrinus Jazz plus hat die Konzertreihe organisiert und per Crowdfunding finanziert. An diesem Wochenende wird in Rorschach gedreht. Ab 22. August sind die rund dreiviertelstündigen Sendungen, die sich jeweils einer Band widmen, auf TVO zu sehen.

30 Personen sind im Einsatz – Musiker nicht mitgezählt

Bis diese Sendungen fertig sind, ist noch viel Arbeit nötig, denn das «Jazzfenster St.Gallen» ist eine regionale Grossproduktion. 35 Musikerinnen und Musiker sind beteiligt, dazu kommen noch einmal fast 30 Personen, welche die Produktion erst möglich machen: Kameraleute, Tontechniker, Fernsehproduzenten, Fotografen, Lichttechniker, Catering-Mitarbeiter und eine Visagistin, welche die Künstlerinnen und Künstler vor den Konzerten schminkt.

Zwischen den Auftritten wird konzentriert und emsig gearbeitet: Kabel werden verlegt, Mikrofone justiert, Instrumente positioniert, die Klangqualität optimiert. Die Musiker unterhalten sich drinnen im gedämpften Licht oder rauchen draussen in der Sonne. Fast herrscht so etwas wie Festivalatmosphäre.

Latin Jazz im Industrie-Ambiente: Das Joana Elena Latin Jazz Project.

Latin Jazz im Industrie-Ambiente: Das Joana Elena Latin Jazz Project. Bild: Benjamin Manser

Nur das Publikum fehlt weitgehend. Ein paar wenige Vereinsmitglieder und Sponsoren sind zu den Dreharbeiten zugelassen und dürfen die Live-Konzerte verfolgen. Sie tun dies in einer rauhen Industriehalle, aber doch in edlem Ambiente. Backstage stehen Lachssandwiches, Früchte und süsse Häppchen bereit, an der Bar wird Weisswein ausgeschenkt, neben Blumenvasen stehen Silbertabletts voller Erdbeeren.

«Wir wollen gute Gastgeber sein», sagt Andreas B. Müller, Präsident von Gambrinus Jazz plus. Er hat das Projekt zusammen mit seinen Vorstandskollegen auf die Beine gestellt und rotiert an diesem Wochenende unablässig, damit sich alle Beteiligten möglichst wohl fühlen. «Sehr, sehr cool ist es hier!», sagt ein junger Mann anerkennend, der eines der Konzerte gehört hat.

Von traditionellem Jazz bis zu poppigeren Stücken

Müller schwärmt von der Vielseitigkeit der Ostschweizer Jazzszene, die sich auch in den Konzerten an diesem Wochenende zeige. Das Trio Rosset Meyer Geiger zum Beispiel habe in der Industriehalle frei improvisiert, im Gegensatz dazu hätten etwa Peter Eigenmann und Carlo Schöb ein durchkomponiertes Set gespielt. Von traditionellem Jazz bis zu poppigeren Stücken sei vieles zu hören gewesen.

An diesem Sonntagabend klingt das «Jazzfenster» südamerikanisch, das Quintett um Sängerin Joana Elena bietet Latin Jazz vom Feinsten. Trompeter Amik Guerra stösst präzise Töne in die Luft, Pianist Aismar Simón Carrillo improvisiert über dem Bassfundament von David Mäder, während Perkussionist Keisel Jiménez dazu grinsend trommelt und Joana Elena auf Spanisch singt. Der Salsa-Groove fährt in die Beine und steigert die Vorfreude auf künftige Konzerte – wieder vor Publikum und nicht mehr nur vor Kameras.

Quelle: Tagblatt